Investition Kultur: Mehrwert für Gesellschaft und Wirtschaft

veröffentlicht am
Venerdì
5 settembre 2025

Fundraising
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Warum Geben Beziehungen schafft und über Steueranreize hinausgeht

Die Zeiten werden bekanntermaßen härter – für alle. Kultur kämpft allerorts und immer öfter gegen Windmühlen. Es liegt aber auch in der Natur der Sache, dass Kultur nie aufgibt und so kreativ sie sich auf der Bühne darstellt, so erfindungsreich gibt sie sich auch in Sachen Schaffung finanzieller Anreize.
Dabei geht es nicht nur darum, wirtschaftliche Ressourcen zu finden, sondern auch darum, dauerhafte Beziehungen aufzubauen, Visionen zu teilen und Gemeinschaften zu aktivieren. Die Stiftung Haydn hat das erste jährliche Forum, das aus dem von der Stadt Trient geförderten kulturpolitischen Plan 2024-2034 hervorging, besucht und Alex Turrini, Dozent an der SDA Bocconi School of Management und Experte für Kulturwirtschaft, getroffen.

Wie darf man sich denn den „perfekten“ Fundraiser vorstellen? Worauf kommt es an?

Es braucht Technik und Enthusiasmus. Die Leute denken oft, dass es als Fundraiser neben dem Improvisieren ausreicht, viele Beziehungen und ein gutes Auftreten zu haben. Das ist aber nicht der Fall. Ein guter Fundraiser muss planungsstark sein, über Fähigkeiten in der Analyse und Verarbeitung von Daten potenzieller Spender und über sehr gute Kommunikationstechniken verfügen. Charmant und nett zu sein, ist nicht genug, um als Fundraiser erfolgreich zu sein.

Sie haben auch betont, wie wichtig es ist, Beziehungen aufzubauen, bevor man finanzielle Mittel zur Verfügung stellt …

Schenken ist nicht Kaufen oder Verkaufen wie auf dem Markt. Ich schenke etwas, weil ich eine Beziehung zu einer Person aufgebaut habe. Es ist auch eine Form des Dankes, der
Anerkennung, der Befriedigung. Das ist das Geheimnis: Kultureinrichtungen sollten stets bestrebt sein, Beziehungen zu ihren Spendern aufzubauen, sie kennenzulernen, um zu verstehen, aus welchem Grund (oder Projekt oder Anlass) sie Geld bereitstellen und was daran sie erfreut. Würden sich kulturelle Institutionen mehr mit Fundraising beschäftigen, würden sie auch mehr über ihr Publikum und deren Bedürfnisse erfahren.

 

Welche Trugschlüsse werden oft fälschlicherweise beim Fundraising im kulturellen Bereich gezogen? Und was braucht es für einen wirksamen Fundraising-Plan?

Der Steuervorteil als Hauptmotivation des Spenders ist so eines der Klischees, das sich hartnäckig hält. Die meisten Studien im Wohltätigkeitsbereich widerlegen das. Andererseits muss etwas Wahres dran sein, denn wie würde sich dann der Bau der großen europäischen Kathedralen im Mittelalter erklären, der dank des Crowdfundings von Tausenden von Bürgern und Gläubigen möglich war? Oder das Mäzenatentum der Medicis und vieles dergleichen mehr? oder die Scrovegni-Kapelle, die von Petrus in Auftrag gegeben wurde, um der Stadt die unrechtmäßig erworbenen Gewinne seines Wuchervaters zurückzugeben, oder, wie Chiara Frugoni behauptet, um eine politisch-administrative Karriere zu starten?

 

Nun haben wir im Trentino, in Südtirol, historisch und kulturell andere Gegebenheiten. Worauf sollten wir uns hier konzentrieren?

Auch hier gilt es, die Bedürfnisse der Unternehmen zu ergründen, um gemeinsame Projekte entwickeln zu können. Denn auch der Unternehmer lebt, wie der Ökonom Cantillon zu
Beginn des 18. Jahrhunderts sagte, mit der Unsicherheit seines Einkommens. Wenn Kultureinrichtungen sich also fragen würden, was sie tun können, um das Einkommen von Unternehmen wiederum zu unterstützen, würden sie vielleicht mehr Sponsorengelder erhalten.

Und abschließend noch ein Tipp: Welches Buch würden Sie Fundraising-Einsteigern empfehlen?

Für mich waren Marcel Mauss‘ „Essay on the Gift“, Karl Polanyis „The Great Transformation“ und Stefano Zamagnis Schriften zur Zivilökonomie prägend. Und dann ist da noch
mein Buch*, das ich mit zwei lieben Freunden (Mark Volpe und Francesca Pecoraro) geschrieben habe, denn, wie bereits erwähnt: Die besten Dinge tut man nicht allein, sondern indem man Beziehungen aufbaut.

 

Alex Turrini ist Außerordentlicher Professor für Sozial- und Politikwissenschaften an der Università Bocconi. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Analyse von Public Policy und Management im Kunst- und Kulturbereich sowie in der Entwicklung von Führungskompetenzen in Netzwerken von öffentlichem Interesse.
Er ist Autor zahlreicher Fachaufsätze in renommierten Zeitschriften wie Public Administration Review, Governance, Public Administration, International Journal of Arts Management und Journal of Arts, Management and Society. Turrini wirkt als Gutachter für mehrere italienische und internationale Journals und ist Associate Editor für Management des International Journal of Arts Management. Er hat einen Abschluss und einen Doktortitel in Betriebswirtschaftslehre und Management an der Università Bocconi erworben und leitete von 2018 bis 2020 den Fachbereich für Arts Management und Arts Entrepreneurship an der Southern Methodist University in Dallas (USA).