Nachgefragt bei Vanessa Benelli Mosell
veröffentlicht am
Mercoledì
1 ottobre 2025
Trient
15.00
Trient
11.00
Ist Musik Ihr Leben? Und was vermag Musik für Sie, was andere Künste nicht vermögen?
Ja, Musik bedeutet mein Leben; sie trifft mitten in mein Herz und berührt sprichwörtlich die Saiten meiner Seele. So unmittelbar und nachhaltig wirkt keine andere Kunst. Andererseits begeistern und bewegen mich auch die Video- und die bildende Kunst.
Klassische oder moderne Musik?
… Klassische Musik verankert mich in der Tradition und vermittelt mir ein Gefühl der Kontinuität, während zeitgenössische Musik mich dazu zwingt, mich mit der Gegenwart und der Zukunft auseinanderzusetzen. Beide sind unverzichtbar; die eine schenkt mir Wurzeln, die andere Flügel.
Instrument oder Dirigieren?
… Beides. Ein Instrument zu spielen, ist meiner Meinung nach für das Dirigieren unerlässlich. Allerdings ist das Klavierspielen ein einsamer Akt der Selbstbeobachtung, fast eine Glaubensfrage. Es hat etwas von einer Beichte. Dirigieren hingegen ist von Natur aus gemeinschaftlich, es ist die Kunst, kollektive Energie zu einem einzigen, lebendigen und gemeinsam atmenden Organismus zu formen.
Gibt es Perfektion in der Musik?
Perfektion würde es steril machen.
Wie einsam ist man als Musiker:In?
Sehr einsam. Die vielen Stunden des Übens, die endlosen Reisen, all das fördert die Einsamkeit … aber dann betritt man die Bühne, und diese Einsamkeit verwandelt sich in eine tiefe Verbundenheit mit dem Publikum und dem Orchester.
Was treibt Sie im Leben an?
Was gibt Ihnen und was raubt Ihnen Energie? Arbeit und Familie
treiben mich im Leben an. Menschliche Harmonie ist meine größte Energiequelle, das Gegenteil davon raubt mir Energie.
Was machen Sie, wenn Ihnen langweilig ist?
Ich träume.
Über welches Thema könnten Sie, ohne jede Vorbereitung, 30 Minuten lang sprechen?
Eindeutig über Musik, aber auch über zeitgenössische Kunst; allen voran aber über den Dialog zwischen Gesellschaft und Musik und darüber, wie Kultur Brücken schlagen und eine transformative Kraft sein kann. Mich begeistert es, Wege zu erkunden, die jungen Menschen Musik und die Kunst überhaupt näherbringen. Vor allem jenen Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben und einen begrenzten Zugang haben, wo die Strahlkraft der Musik jedoch wirklich lebensverändernd sein kann.
Worüber denken Sie am meisten nach? Was bereitet Ihnen Kopfzerbrechen? Und wann hat sich Ihre Meinung zu einem Thema das letzte Mal so richtig geändert?
Ich denke oft darüber nach, wie ich mein Leben sowohl solide als auch sinnvoll gestalten kann – ein Leben, mit dem ich den Menschen um mich herum etwas Wertvolles hinterlasse. Was mir wirklich Kopf Zerbrechen bereitet, ist, wenn Kunst als Luxusgut verstanden wird, das nur wenigen vorbehalten ist, und nicht als eine lebenswichtige Notwendigkeit für alle. In letzter Zeit hat sich für mich auch der Begriff„Zuhause“ verändert: Ich sehe es nicht mehr als einen Ort der Zugehörigkeit, sondern als Gefühlszustand, der eher von Menschen und Erfahrungen als von der Geografie geprägt ist.
Gibt es etwas, wovon Sie schon lange träumen, Sie sich aber noch nicht getraut haben, es zu tun? Und welchen Traum werden Sie sich, Ihrer Meinung nach, nie erfüllen können?
Vieles. Was den unmöglichen Traum anbelangt, versuche ich, meine Erwartungen herunterzuschrauben.
Was würde uns an Ihnen überraschen?
Meine Stärke.
Was fällt Ihnen an anderen Menschen sofort auf?
Aufrichtigkeit und Empathie.
Was mögen Sie an anderen Menschen? Ehrlichkeit und Gerechtigkeitssinn.
Was würden Sie gerne in der Welt verändern? Ich würde der Kunst ihren rechtmäßigen Platz zurückgeben: Kunst ist kein Schmuck, sondern eine Notwendigkeit, so wichtig wie Luft, Wasser und das Denken selbst. Aber meine tiefste Hoffnung ist und bleibt, dass die Konflikte endlich aufhören.
Wenn Ihr Leben ein Buch wäre, welchen Titel würde es haben?
Es ist noch zu früh, um einen Titel zu nennen. Und last but not least: Was darf in Ihrem Kühlschrank niemals fehlen? Salat und Gemüse.