Was verbindet György Ligeti und Joseph Haydn? Beide haben eine starke sowohl biografische als auch musikalische Bindung zu Ungarn, Ligeti durch seinen Geburtsort in Siebenbürgen und Haydn durch die vielen Jahre, die er am Hof des Grafen Esterházy verbrachte. Doch die beiden Komponisten eint noch viel mehr: Auch wenn beide ganz unterschiedliche Charaktere waren, nutzten sowohl Ligeti als auch Haydn Humor, Ironie und den Spaß an der Überraschung als markante „Spezialeffekte“ ihrer Musik. In diesem Konzert unter der Leitung von Kent Nagano unter der Mitwirkung der Pianistin Mari Kodama treten die beiden Komponisten, deren Lebenszeit zwei Jahrhunderte auseinanderlag, in einen spannenden Dialog. Den Anfang macht eines der bekanntesten Werke Ligetis: Das Poème symphonique für 100 Metronome. Ligeti schrieb das explizit ironisch gemeinte Stück im Jahre 1962 als Kritik der damaligen Musikszene und stellt sich insbesondere gegen die aufkeimende Intoleranz und Radikalität, indem er die Musikerinnen und Musiker durch technisches Gerät ersetzt. Am Klavier interpretiert danach Mari Kodama den letzten Satz der Musica Ricercata, einer Suite für Soloklavier, die aufgrund ihres Einsatzes in Stanley Kubricks Film „Eyes Wide Shut“ besonders große Aufmerksamkeit bekam. Jeder Satz der elfteiligen Suite verwendet eine Note mehr (d.h. der Erste Satz ist mit 2 Noten komponiert, der Dritte mit 4, usw.), bis im Elften Satz, der im Konzert zur Aufführung kommt, aus dem vollen Notenumfang von 12 Noten geschöpft werden kann.
Das Werk ist Girolamo Frescobaldi gewidmet. Ligeti kehrt an diesem Abend noch einmal zurück, und zwar mit seinem Konzert für Klavier und Orchester, das er in den 1980ern schuf und das – wie die zeitgleich entstandenen Klavieretüden – voller Verweise auf afrikanische Rhythmen ist. Um das Klavier dreht sich auch die Sonate in C-Dur von Joseph Haydn, ein Stück, das nur aus zwei Sätzen besteht: einem feierlichen, lyrischen Andante und einem lebhaften, fröhlichen Rondo. Den Abschluss des Konzertabends bildet die Sinfonie Nr. 102 von Joseph Haydn, bei deren Uraufführung der Kronleuchter von der Decke des Konzertsaales fiel, es aber wie durch ein Wunder keine Verletzten gab. Dieser Vorfall brachte später irrtümlicherweise einem anderen Werk, nämlich der Sinfonie Nr. 96, den Beinamen „Das Wunder“ ein.