Wer sind die Jugendlichen von heute?

veröffentlicht am
Mercoledì
8 marzo 2023

Haydn 2023 Workshop Neverlab vetrina Sito
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Workshop mit Jugendlichen

Die Stifung Haydn organisierte in Zusammenarbeit mit dem Jugendverein Vintola 18 einen Fotografie-Workshop unter dem Titel Neverlab für Jugendliche. Ziel des Workshops war es, Jugendliche mittels der Technik des Selbstporträts dazu anzuregen, sich mit ihrer Identität zu beschäftigen. „Das Selbstporträt ist ein kreativer Prozess, der zum Kern der eigenen Identität vordringt, aus gewisser Sicht also das komplette Gegenteil der Unbefangenheit und Eindeutigkeit eines Selfies“, so Claudia Corrent, Fotografin, Pädagogin und Kuratorin des Projektes.

Zehn Mädchen und Jungen aus der Provinz Bozen schufen im Rahmen dieses Fotografie-Workshops eine eindrucksvolle Reihe aus Aufnahmen, hinter denen stets Entscheidungen wie „Was will ich von mir preisgeben?“, „Welchen Ausdruck will ich teilen?“, „Was will ich verschleiern?“ stehen. Die Früchte dieser Arbeit sind ab 9. März im Waag-Café und im Coworking Space im Jugendzentrum Drin, der Stadtbibliothek Bozen und dem Foyer des Stadttheaters, als Ausstellung zu sehen sein. Entstanden ist der Workshop aus einer Kernfrage der Oper Peter Pan – The Dark Side: Wie wären die Figuren der unsterblichen Geschichte von J. M. Barrie heute? Welche Gesichter, welche Gewohnheiten hätten Peter Pan oder die verlorenen Jungs in der heutigen Welt, in der sich die soziale Interaktionen und Erfahrungen über digitale Plattformen abspielen? Daisy Evans, die Regisseurin der Oper, spürt in ihrer Inszenierung dieser dunklen Seite der Gewohnheiten nach, indem sie die widersprüchlichen Aspekte der Social Media-Nutzung beleuchtet.

 

collage
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Selbstporträts der Jugendlichen

Lebenswelten Jugendlicher in der Euregio

So unverzichtbar Kunst und Kreativität sind, um der eigenen Position Gestalt zu verleihen, so notwendig sind wissenschaftliche Studien, um die Realität abzulichten und das große Ganze im Blick zu behalten. Die Euregio Tirol-Südtirol-Trentino stellte uns freundlicherweise einige Daten aus der wissenschaftlichen Studie „Lebenswelten der Jugendlichen in der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino 2021“, herausgegeben von Paul Resinger & Nikolaus Janovsky, zur Verfügung. In der Studie wurden 6.300 Jungen und Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren aus der gesamten Euregio Tirol-Südtirol-Trentino über ihre Lebenswelt befragt. Im Folgenden findet sich eine Auswahl an Daten, die aus unserer Sicht dazu beitragen können, ein organisches Bild von der Identität der Jugendlichen von heute zu liefern. Die vollständige Studie sowie nähere Informationen zu den Erhebungsmethoden sind unter folgendem Link abrufbar.

 

Werte, Ängste und Zukunftserwartungen

Christian Vollmer & Ulrike Stadler-Altmann & Martina Koller

Welche Werte und Werteorientierungen haben Jugendliche in der Euregio? Anhand der Daten aus unserer Befragung können wir zeigen, welche Werte den Jugendlichen besonders wichtig sind.

Vier Wertegruppen – Wertepräferenzen

Persönliche Wertevorstellungen prägen die Handlungen und Orientierungen im Alltagsleben aller Menschen in allen Gesellschaften unserer Welt. Individuelle Unterschiede und Ausprägungen finden sich jedoch in der Vorliebe für bestimmte Werte. Dies wird Wertepräferenz genannt. Manche fühlen sich gern unabhängig und frei, anderen sind Tradition und Sicherheit wichtig. Beides zugleich ist schwer zu vereinbaren. Die Jugendlichen der Euregio haben 21 Fragen zu ihren Wertepräferenzen beantwortet. Ihre Antworten lassen sich in vier große Wertegruppen gliedern: Offenheit für Wandel (z.B.: „Mir persönlich ist in meinem Leben wichtig, dass ich ein abwechslungsreiches und aufregendes Leben habe.“), Selbsttranszendenz (z.B.: „Mir ist persönlich in meinem Leben wichtig, dass ich sozial Benachteiligten und gesellschaftlichen Randgruppen helfe.“), Bewahrung des Bestehenden (z.B.: „Mir ist persönlich in meinem Leben wichtig, dass ich Gesetze und Ordnung respektiere.“) und Selbststärkung (z.B.: „Mir ist persönlich in meinem Leben
wichtig, dass ich fleißig und ehrgeizig bin.“). In der folgenden Abbildung sind diese vier übergeordneten Wertegruppen in einer Wordcloud durch Stichworte aus den 21 Fragen gekennzeichnet.

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Welche Werte sind den Jugendlichen wichtig?

Jugendliche der Euregio stufen Offenheit für Wandel und Selbsttranszendenz zu über 80% als eher wichtig oder sehr wichtig ein. Hingegen finden nur 22% Bewahrung des
Bestehenden und nur 33% Selbststärkung relevant. Insgesamt ist den Jugendlichen der Euregio die eigene Verantwortung, Unabhängigkeit, Abwechslung und der Genuss des eigenen Lebens – Aspekte des Werts Offenheit für Wandel – wichtig. Ebenso zentral sind für sie ihre Freund*innen, ihre Bezugspersonen, Toleranz, Umweltschutz und Hilfen für sozial Benachteiligte – Aspekte des Werts Selbsttranszendenz.

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Welche Ängste haben die Jugendlichen?

Fast 50% der Befragten empfinden große/sehr große Angst vor Gewalt & Tod. Ebenfalls fast 50% haben große/sehr große Angst vor Problemen in Familie & Lebensplanung. Zusätzlich haben sie Ängste bezogen auf Gesellschaft & Umwelt. Fast zwei Drittel (64%) der Jugendlichen haben hier große/sehr große Ängste. Besonders heben die Jugendlichen den Klimaschutz bzw. das Ausbleiben des Klimaschutzes als Grund für ihre Ängste in diesem Bereich hervor. Die Ausprägung der Ängste bei den Jugendlichen der Euregio entspricht den typischen Ängsten in dieser Altersgruppe. Dabei gibt es nur geringe Unterschiede zwischen Mädchen und Buben bzw. in Hinblick auf die besuchte Schulart, bzw. den Familienwohlstand. Hervorzuheben ist, dass das Thema Klimaschutz bzw. ein Misslingen des Klimaschutzes als relevanter und durchaus Angst machender Aspekt benannt wird.

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Welche Zukunftserwartungen haben die Jugendlichen?

Insgesamt blicken Jugendliche in der Euregio sehr positiv in ihre Zukunft (fast 90%), wie die Antworten der rund 6650 befragten 14- bis 16-Jährigen zeigen (siehe Grafik 5). Ein
Großteil der Jugendlichen ist zudem vollkommen oder eher davon überzeugt, dass sie ihre eigenen, zukünftigen Ziele erreichen werden (87%). Feste Pläne für ihre Zukunft haben
66% der Jugendlichen, 34% noch keine. Allen Aussagen zur eigenen Zukunft stimmen die Jugendlichen sehr häufig „eher“ zu, deutlich wenigere wählen die Option „stimmt völlig“. Dies ist altersangemessen, da die selbstbestimmte Zukunft für den größten Teil der befragten Jugendlichen noch in einer weiten, zeitlichen Ferne liegt.

aspettative
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Zusammenfassung

Als zentrale Werte für ihr Leben nennen die Jugendlichen in der Mehrheit Offenheit für Wandel und Selbstttranszendenz. Der Aspekt des Umweltschutzes als Teil des Wertes
Selbsttranszendenz ist den Jugendlichen mit am wichtigsten. Damit wird deutlich, dass ihnen neben einer Selbstverwirklichung auch soziale und gesellschaftliche Verantwortung
wichtig sind. Diese Grundhaltung lässt die Jugendlichen der Euregio eher positiv in ihre Zukunft blicken, auch wenn einigen noch konkrete Pläne für ihre Zukunft fehlen.
Jugendliche, die sich an selbststärkenden Werten wie Fleiß, Ehrgeiz und einer guten Ausbildung orientieren, sehen ihre Zukunft positiver. Die alterstypischen Ängste, von denen
die Jugendlichen berichten (z.B. das Thema Umweltschutz als Angst vor dem Klimawandel) sind in diesem Sinne als eine nützliche Emotion zu interpretieren, die zu Eigeninitiative und Engagement anregen.

Lebenswelten: Freizeit und Freunde

Ursula Schwarz

„Die Jugend von heute“ verbringt ihre freie Zeit völlig anders als vorangegangene Generationen. Dabei wird die Digitalisierung immer wichtiger. Vieles wird durch sie
schneller und (un)übersichtlicher. Jugendliche stehen vor der Herausforderung, ihren eigenen Lebensstil zu entwickeln. Die freie Zeit kann dabei einen Ausgleich zu den Anforderungen in Schule oder Berufsausbildung schaffen. Die für Jugendliche zentralen Bereiche Freizeit und Freunde werden im folgenden Kapitel genauer betrachtet.

Freizeit

Endlich Freizeit! Der Begriff „Freizeit“ bezeichnet den Zeitraum im Alltag, der weitgehend nach den eigenen Wünschen gestaltet werden kann. Neigungen können hier vertieft und weiterentwickelt werden. Obwohl Jugendliche einen großen Teil ihrer Zeit in der Schule verbringen, haben sie auch ein erhebliches Maß an freier Zeit zur Verfügung, in der sie ihren eigenen Interessen nachgehen können, sich mit Gleichaltrigen treffen oder einfach mal „nichts“ tun. Freizeit und Konsum fließen dabei heute häufig ineinander, denn es gibt kaum noch attraktive Freizeitbeschäftigungen, die kein Geld kosten. Wie viel freie Zeit jungen Menschen in der Euregio neben Schule, Hausaufgaben, Jobben und Mithilfe in der Familie zur Verfügung steht und was sie in ihrer Freizeit tun wird in diesem Abschnitt genauer beleuchtet.

Beliebteste Freizeitaktivität: Internet

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass den meisten 14- bis 16-Jährigen ein erhebliches Maß an freier Zeit zur Verfügung steht. Wie aber verbringen sie ihre freie Zeit? Die Ergebnisse zeigen, dass Onlineaktivitäten eine herausragende Stellung einnehmen. Die beiden am häufigsten genannten Freizeitaktivitäten sind: das Internet zur Unterhaltung nutzen und bewusst Musik zu hören. An dritter Stelle steht, im Internet Kontakt zu Freund*innen zu halten, an vierter, zu Hause rumzuhängen und an fünfter, Computerspiele. Da zu Hause „rumzuhängen“ in der Regel ebenfalls mit diverser Mediennutzung einhergeht, kann man sagen, dass elektronische Unterhaltungsmedien eine vorrangige Stellung in der Freizeitgestaltung der 14- bis 16-Jährigen einnehmen. Obwohl bei weiblichen und männlichen Jugendlichen Aktivitäten rund um die elektronischen Medien außerordentlich beliebt sind, unterscheiden sie sich in der Art ihrer Nutzung. Weibliche Jugendliche nutzen das Internet stärker, um Kontakt zu ihren Freund*innen zu unterhalten, sie hören öfter Musik, sind vermehrt zu Hause anzutreffen und sehen mehr fern. Männliche Jugendliche spielen demgegenüber häufiger Spiele auf dem Computer oder dem Smartphone. Bei den männlichen Jugendlichen gehört zudem Sport zu den beliebten Freizeitbeschäftigungen.

2.1 Attività nel tempo Libero Grafico IT
2.1 Attività nel tempo Libero Grafico IT
2.2 Attività nel tempo Libero Grafico IT E01
2.2 Attività nel tempo Libero Grafico IT E01

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Francesco Pisanu & Paola Menapace & Martina Koller & Carlo Buzzi

(Kunstgymnasium „Vittoria-Bonporti-Depero“, Trient und Rovereto; Sprachengymnasium „Sophie M. Scholl“, Trient; Lehranstalt „M. Martini“, Mezzolombardo; Praxismittelschule PH Tirol)

Im Rahmen der Euregio-Umfrage zur Lage der Jugendlichen in Tirol, Südtirol und Trentino in der Altersgruppe zwischen 14 und 16 Jahren wurde den Jugendlichen vorgeschlagen, die Themen Gesundheit und subjektives Wohlbefinden mittels einer kurzen qualitative Umfrage zu vertiefen.

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Wir danken Dr. Paul Resinger und Dr. Nikolaus Janovsk und der Euregio – Tirol, Südtirol und Trentino

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